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Pflege neu denken: Studierende zeigen Wege aus dem Versorgungsengpass

Der Fachkräftemangel in der Pflege gehört zu den größten Herausforderungen des deutschen Gesundheitssystems. Ein Forschungsprojekt an der EAH Jena zeigt nun: Akademisch ausgebildete Pflegefachpersonen mit erweiterten Kompetenzen können entscheidend dazu beitragen, die Versorgung zu sichern und Versorgungslücken – insbesondere in ländlichen Regionen – zu schließen.

Angesichts des demografischen Wandels, zunehmender Multimorbidität (Vorhandensein mehrerer chronischer Erkrankungen) und des Trends, medizinische Leistungen ambulant statt stationär zu erbringen, steht das Gesundheitswesen unter erheblichem Druck. Internationale Erfahrungen belegen, dass Pflegefachpersonen mit erweiterten Aufgaben – sogenannte Advanced Practice Nurses (APN) – Diagnostik und Therapie in definierten Bereichen eigenständig übernehmen können. Ein Ansatz, der international bereits erfolgreich umgesetzt wird.

Studierende erforschen Potenzial erweiterter Pflegepraxis

Im Rahmen eines Projekts am Fachbereich Gesundheit und Pflege der EAH Jena untersuchten Studierende des Masterstudiengangs Pflegewissenschaft/Pflegemanagement unter der Leitung von Prof. Dr. Olaf Scupin vom Sommersemester 2024 bis zum Sommersemester 2025 die Chancen und Grenzen der Implementierung solcher Rollen in Deutschland. Grundlage waren eine umfassende Literaturrecherche sowie acht Experteninterviews mit Fachpersonen aus Politik und Wissenschaft.

Das Ergebnis: Es gibt eine breite Zustimmung zur Erweiterung pflegerischer Befugnisse. Die Expertinnen und Experten sehen darin einen Schlüssel zu effizienteren Versorgungsstrukturen, kürzeren Entscheidungswegen und einer besseren Erreichbarkeit für Patientinnen und Patienten.

Klare Rahmenbedingungen gefordert

Für eine erfolgreiche Umsetzung seien jedoch rechtliche Anpassungen erforderlich. Pflegeverbände und Fachleute fordern, dass Modellprojekte mit erweiterten Kompetenzen in die Regelversorgung überführt und gesetzliche Grundlagen – etwa im Sozialgesetzbuch V und XI – entsprechend angepasst werden. Zudem brauche es verbindliche Qualifikationsstandards und eine gesicherte Refinanzierung pflegerischer Leistungen.

„Pflege kann mehr, als das System erlaubt“

„Pflegefachpersonen können weit mehr, als das System ihnen derzeit zugesteht“, betont Prof. Dr. Olaf Scupin. „Wenn Deutschland die Versorgung langfristig sichern will, müssen wir ihnen die Kompetenzen geben, die international längst Standard sind.“ Er plädiert zudem für eine Stärkung akademischer Pflegeausbildung: „Hochschulen sollten interprofessionelle Lernsettings ausbauen und spezialisierte Masterstudiengänge gezielt fördern. Die Zeit ist reif, von erfolgreichen internationalen Konzepten zu lernen und eine eigene, zukunftsfähige Lösung für Deutschland zu entwickeln.“

Kontakt:

Ernst-Abbe-Hochschule Jena
Fachbereich Gesundheit und Pflege
Prof. Dr. Olaf Scupin
Mail:  Olaf.Scupin@eah-jena.de