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Schwester Agnes 4.0

Die Zeiten der Moped fahrenden Gemeindeschwester Agnes, ostdeutscher TV-Serienstar der 70-er Jahre, sind vorbei. Wie aber kommt mobile medizinische Hilfe heute in strukturschwache Regionen? Das Thüringer WIR!-2-Bündnis „WeCaRe“ hat dafür diverse Ideen.

 

Der Altersdurchschnitt der ländlichen Bevölkerung steigt, während die Mobilität gleichzeitig abnimmt. Damit ältere Menschen auch weit entfernt von Kliniken und Arztpraxen eine gute medizinische Betreuung erhalten und im Notfall schnell versorgt werden können, sind neue Konzepte gefragt. Das Team von „WeCaRe“ hat sich deshalb eine ganzheitliche Gesundheitsversorgung für strukturschwache Regionen in Mitteldeutschland auf die Fahnen geschrieben.

„Wir haben die noch nie dagewesene Chance, so viele verschiedene Bereichen zusammen zu bringen“, betont der Projektpartner Johannes Winning auf der Online-Veranstaltung des Bündnisses zum Thema „Digitalisierung des Rettungswesens“. Winning leitet den Bereich Notfallmedizin am Universitätsklinikum Jena und ist bereits seit 30 Jahren im Rettungsdienst. Bei „WeCaRe“ wollen Vertreter aus Kommunen, Mediziner, IT-Experten und Ingenieure fachübergreifend zusammenarbeiten. 

Telemedizin als Schlüssel

Das sieht Johannes Winning als Chance, um neue Konzepte für die medizinische Versorgung auf dem Land zu entwickeln. Digitale Technologien wie die Telemedizin spielen dabei eine entscheidende Rolle. So arbeiten Forschende am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF Jena und der Technischen Universität Ilmenau an einem 3D-Sensor, der Bewegungsmuster und menschliche Vitalwerte wie Puls oder Atemfrequenz berührungslos erfasst. Diese innovative Methode der Telemedizin soll schon bald zur Anwendungsreife kommen. Für den Notfall könnte eine App helfen, die eine direkte digitale Kommunikation mit Medizinern ermöglicht. Pilotprojekte zur telemedizinischen Diagnose von akuten Schlaganfällen gibt es in Thüringen bereits. Auch spezielle Rettungswagen, die mit mobilen Computertomographie-Geräten ausgestattet sind, könnten Leben retten. Je schneller die Art des Schlaganfalls diagnostiziert und entsprechend behandelt wird, desto größer sind die Überlebenschancen. Regionale Unternehmen, wie die BINZ GmbH, die Hightech-Notfallwagen in Ilmenau herstellt, haben das Knowhow dafür.

Von der Idee zum Menschen

Auch Menschen mit erhöhtem Demenz-Risiko und ihre Angehörigen könnten von der Telemedizin profitieren. Neurologen und Psychologen des Gedächtniszentrums am Uniklinikum Jena wollen dafür zusammen mit Medizintechnik-Unternehmen und Software-Entwicklern aus der Region eine E-Health-Lösung entwickeln. Unterstützt wird das WIR!-2-Bündnis von der Verwaltungsgemeinschaft Schwarzatal. Die von der Gemeinschaft verwalteten zehn Gemeinden im Thüringer Landkreis Saalfeld-Rudolstadt mit knapp 9.000 Einwohnern sollen zur Modellregion von WeCaRe werden. Um die Ideen und telemedizinischen Innovationen in die Anwendung zu bringen, müssen sie von den potentiellen Anwendern akzeptiert werden. Deshalb will sich das Bündnis auch um die Aus- und Weiterbildung der Nutzer kümmern. Dass die Ideen von WeCaRe bereits viele Interessenten und Unterstützer haben, zeigt sich auch in der Online-Veranstaltung zur Digitalisierung des Rettungswesens, die über 90 Teilnehmer besucht haben.


Petra Dahl
© BMBF


Die Pressestelle der EAH Jena dankt der Autorin herzlich für die Genehmigung der Veröffentlichung.