Interview mit Clemson-Studenten

Mit Dana, Daniel, Dominik und Tim waren im Herbstsemester 2011 gleich vier Studenten aus dem FB WI der EAH-Jena zum Auslandsstudium in den USA. Von August bis Dezember haben sie im Fall-Semester an der Clemson University in South Carolina studiert und das Campus-Leben der Südstaaten mit Football, Fastfood und vielen anderen internationalen Studenten genossen. Nachfolgend schildern sie für alle Interessierten und potentiellen Auslandsstudenten ihre ganz persönlichen Eindrücke aus dieser ereignisreichen Zeit.


Wie kompliziert hat sich der Weg nach Clemson hinsichtlich Bewerbung etc. gestaltet?

Daniel: Ich würde den ganzen Prozess nicht als kompliziert aber zeitaufwendig beschreiben, da sich in Summe die vielen auszufüllenden Dokumente dann doch gehäuft haben - angefangen beim finanziellen Nachweis über den „Letter of Recommendation“ bis hin zum Antrag des US-Visums. Hier ist letztendlich Geduld und Ausdauer gefragt.

Dominik: Und die zwischenzeitlichen Probleme mit dem Sister-State-Agreement haben die Sache nicht leichter gemacht - aber die sind für die nachfolgenden Studenten jetzt  geklärt.

Tim: Wichtig ist auch das Dokument vom Health Center in Clemson, in dem verschiedene obligatorische Impfungen aufgeführt sind, die nachgewiesen werden müssen – darunter auch Impfungen, die in Deutschland nicht selbstverständlich sind. Diese sollte man sich in jedem Fall bereits hier in Deutschland geben lassen.

Dana: Insgesamt sollte man die Anforderungen die bei der Bewerbung gestellt werden, möglichst genau erfüllen. Besonders wichtig ist dabei auch eine Bestätigung durch die Bank über ein Mindestguthaben von 12.500 $ und ein Nachweis, dass man in Jena wohnhaft gemeldet ist. Sobald man die Zusage erhalten hat, bekommt man innerhalb weniger Tage die entsprechenden Unterlagen und Informationsmaterial zugesandt.


Ein Studium in den USA gilt als sehr teuer, pro Semester werden bis zu 25.000 $, an Elite-Universitäten sogar deutlich mehr, veranschlagt. Wie habt ihr das Studium finanziert und welche Empfehlungen habt ihr bezüglich dessen an zukünftige Studenten?

Dominik: Bei mir hat das Studium ohne Lebenshaltungskosten ca. 10.000 $ gekostet. Man sollte in jedem Fall versuchen, sich beim DAAD zu bewerben oder die Möglichkeit des Auslands-Bafög zu nutzen. Dort liegen die Fördergrenzen auch höher als beim Inlands-Bafög, sodass sehr viele Studenten von dieser Förderung profitieren können.

Dana: Da ich wusste, dass ich irgendwann ein Auslandssemester bzw. Auslandspraktikum machen will, habe ich versucht, etwas Geld zu sparen. Den größten Anteil haben allerdings meine Eltern finanziert. Zusätzlich habe ich Auslands-Bafög beantragt. Dabei ist zu beachten, dass man das Geld nicht vor Antritt des Auslandssemester erhält, sondern deutlich später während des Semesters.

Tim: Ich hatte das Glück, als Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes das Studium, inklusive Flug und monatlicher Lebenshaltungskosten bezahlt zu bekommen. Ich kann deshalb jedem nur empfehlen, sich frühzeitig für ein Stipendium zu bewerben. Einen guten Überblick über verschiedene Stiftungen bekommt  zum Beispiel in der Stipendiendatenbank von e-fellows.net

Daniel: Letztendlich muss jeder für sich selber entscheiden, ob er bereit ist, diesen Betrag zu zahlen. Ich habe die Studiengebühren als einmalige Investition gesehen, die sich auch aufgrund des hohen Ansehens der Universität in den USA und den vielen neuen Erfahrungen absolut gelohnt hat.


Inwieweit unterscheidet sich das Studium in Clemson vom Studium an der EAH?

Dana: Normalerweise belegt man als Austauschstudent vier bis fünf Fächer, also deutlich weniger als hier. Allerdings ist davon auszugehen, dass man mehr aufarbeiten muss und Hausaufgaben bekommt. Diese werden teilweise auch bewertet. Es gibt nicht nur eine Prüfung am Ende, sondern auch Tests innerhalb des Semesters. Grundlage der Vorlesungen sind Bücher, mit denen man viel arbeitet und die deswegen auch für bis zu 200 $ pro Buch gekauft werden müssen. Skripte gibt es nur teilweise. Insgesamt wird viel mehr über das Internet kommuniziert und es ist üblich, in der Vorlesung den Laptop mitzubringen.

Dominik: Insgesamt ist das Studium ein Stück weit verschulter und durchorganisierter als bei uns, wobei das sicherlich auch von Fach zu Fach unterschiedlich ist. Darüber hinaus gibt es in vielen Fächern Online-Zugänge zu Lehrmaterial und Online-Hausaufgaben, die dann vom Computer bewertet werden und in die Gesamtnote mit einfließen. Auffällig waren auch die vielen Multiple-Choice-Prüfungen, die den Austauschstudenten natürlich sehr entgegenkommen.

Tim: Ich habe in Clemson viel mehr Zeit in der Bibliothek verbracht als hier in Jena – diese ist dort 24 Stunden geöffnet, sodass ich bei einem längeren Projekt auch einmal bis früh um 6 Uhr dort geblieben bin. Ein entscheidender Vorteil ist bei vielen Kursen der hohe Anteil an Anwendungsaufgaben und die Intensität, mit welcher der Stoff vermittelt wird. Ich kann deshalb nur empfehlen, dort einen Sprachkurs mit einer zweiten Fremdsprache und andere anwendungsbasierte Kurse wie zum Beispiel Programmier- oder Economics-Kurse zu belegen – der Lernerfolg ist enorm.


Wie hat sich die Sprachbarriere auf Leben und Studium ausgewirkt?

Dana: Anfangs ist es etwas schwierig sich in die Sprache herein zu finden. Man muss versuchen möglichst schnell die „Angst“ etwas Falsches zu sagen, abzulegen. Aber die Amerikaner sind sehr zuvorkommend und es ist überhaupt kein Problem, wenn man grammatische Fehler macht oder Schwierigkeiten hat, das richtige auszudrücken.

Daniel:  In den Vorlesungen selbst war ich angenehm überrascht, da die Professoren im Allgemeinen eine sehr deutliche Aussprache hatten und  es so letztendlich kein großes Problem war der Veranstaltung zu folgen. Prüfungstechnisch war es sicherlich von Vorteil, dass viele Prüfungen in Multiple-Choice-Form waren und die Hausaufgaben nicht unwesentlich in die Note miteingegangen sind, sodass man kaum Fragen in Aufsatzform unter Zeitdruck in einer normalen Prüfung beantworten musste.

Tim: Da kann ich den anderen nur zustimmen. Oft ist es sogar sehr gut angekommen, wenn man anhand seines Akzents sofort als Deutscher identifiziert wurde, weil dadurch immer wieder die Basis für interessante interkulturelle Gespräche gegeben war  – da muss man sich wirklich keine Sorgen machen! Für die Bewerbung braucht man auch keinen TOEFL-Test wie sonst an vielen anderen Universitäten.


Was ist euch über das Studium hinaus positiv in Erinnerung geblieben?

Dana: Die Studenten und Menschen sind generell sehr freundlich, hilfsbereit und aufgeschlossen.  Die Mitbewohner haben uns gerne mit dem Auto zum Einkaufen gefahren oder uns beim Einrichten eines amerikanischen Handys über dubiose, schwerverständliche Hotlines geholfen.

Daniel: Darüber hinaus war das Erlebnis des College-Sports etwas ganz besonderes. Auf dem Campus der Universität steht ein Football-Stadion mit circa 83.000 Plätzen, das bei fast jedem Heimspiel ausverkauft ist. Ich persönlich bin mittlerweile großer Fan des American Footballs und verfolge auch jetzt noch die Spiele der Clemson Tigers, sofern ich Zeit dafür habe. DAS muss man gesehen haben!

Tim: Ich war allgemein vom Leben auf und um den Campus begeistert – die Studenten und auch Professoren sind wie schon gesagt sehr freundlich. Daneben fand ich die Breite der angebotenen Sportarten überragend –neben alltäglichen Breitensportarten wie Volleyball und Fußball gab es mit Segeln, Wasser-Ski, Tennis, Ultimate Frisbee, Golf, Flag-Football oder Bauchtanz unzählige Möglichkeiten der Betätigung – und das alles nahezu kostenlos. Auch das sehr sommerliche Wetter und das überraschend gute Fast-Food vermisse ich schon. Als spezielles Erlebnis ist mir ein Ausflug zum Schießen mit anschließendem Wild-Essen bei einer sehr konservativen, aber unheimlich netten Host-Familie aus Mikronesien in Erinnerung geblieben.


Ihr habt während eurer Zeit in Clemson in der Exchange-Community für internationale Studenten gelebt. Wie sind diese Wohngemeinschaften organisiert und was macht sie so besonders?

Daniel: Im Idealfall wohnen zwei Amerikaner mit zwei internationalen Austauschstudenten zusammen, sodass man auch wirklich was von der amerikanischen Kultur mitbekommt. Von der Exchange Community selber werden auch Ausflüge und Parties organisiert, sodass einem nie langweilig wird.

Tim: Gewöhnungsbedürftig ist vielleicht für uns Europäer noch, dass man mit seinem amerikanischen Mitbewohner in der Regel in einem Zimmer zusammen wohnt. Aber dadurch spricht man wieder viel Englisch und kann auch über den Mitbewohner sehr schnell Kontakte knüpfen.

Dominik: Angenehm waren auch die vielen Nationalitäten in der Community. Dadurch gab es zum Beispiel zahlreiche japanische Kochabende. Und durch die Amerikaner gab es immer genug Autos, um zusammen an den See, in die Outlets oder zu Wal-Mart zu fahren.


Die Clemson University liegt in South Carolina und damit in einem der als sehr konservativ geprägten Südstaaten der USA. Inwiefern spiegelt sich dieses Vorurteil auf und außerhalb des Campus wieder?

Daniel: Die meisten Studenten der Clemson University kommen tatsächlich aus einem der Südstaaten und erfüllen diesen Stereotyp. So sind viele in ihren Meinungen sehr konservativ und festgelegt und vor allem schwer zu überzeugen, sodass ich es mühselig fand eine Diskussion zu führen und es am Ende auch habe sein lassen.  Die Standpunkte zu Themen wie Homosexualität, gesetzlicher Krankenkasse oder auch den Kriegen im Irak und Afghanistan sind hinlänglich bekannt.

Tim: Da kann ich Daniel nur zustimmen. Stereotyp ist insgesamt natürlich alles andere als negativ gemeint. Zur Südstaatenmentalität gehört auch die bereits erwähnte Offenheit und Freundlichkeit der Menschen besonders gegenüber internationalen Studenten. Viele Südstaatler sind sehr religiös und finden sich in christlichen Communities zusammen,  um mit der Kirche einerseits soziale Projekte voranzutreiben und andererseits eine Anlaufstelle bei eigenen Problemen zu haben. Gewöhnungsbedürftig war für uns sicherlich der Umgang und die Sicht auf Waffen – wer möchte, kann in South Carolina zu Wal -Mart gehen und sich von der einfachen Pistole bis zur mehrläufigen Schrotflinte jede erdenkliche Waffe kaufen und diese dann immer bei sich tragen – auf dem Campus sind Waffen aber zum Glück verboten.


Warum würdet ihr ein Studium an der Clemson University weiterempfehlen?

Dana: Es ist eine tolle Erfahrung im Ausland zu studieren. Die Universität ist nicht zu groß und durch die gute Organisation der Abteilung für studentische Angelegenheiten wird man schnell integriert. Die Lernbedingungen sind sehr gut. Nach kurzer Zeit fühlt man sich nicht mehr als Austauschstudent sondern als Teil der Universitäts- Familie.

Tim: Die akademische Ausbildung ist sehr gut und die Universität hat landesweit einen hervorragenden Ruf. Daneben besitzt es einen wunderschönen Campus im Grünen, der nichts vermissen lässt. Die Lehr-Ausstattung ist im Vergleich zu den meisten deutschen Universitäten viel moderner und fortschrittlicher. Allgemein ist es einfach ein ganz anderes Studieren als in Deutschland.

Daniel: Auch als Sportbegeisterter kommt man auf keinen Fall zu kurz! Neben unzähligen Basketball- oder Volleyballfeldern gibt es eine moderne Schwimmhalle, eine Kletterhalle, Squashhallen, hunderte Fitnessgeräte und vieles, vieles mehr. Das Highlight sind natürlich die bereits erwähnten American Football-Heimspiele der Clemson Tigers!   

Dominik: Letztendlich wird in Clemson jeder auf seine Art eine unvergessliche Zeit mit vielen neuen Erfahrungen erleben und wie nebenbei besser Englisch lernen, als es in jedem Kurs an Schule oder Uni jemals möglich ist. Darüber hinaus bekommt man die Möglichkeit, verschiedene  Einblicke, nicht nur in die amerikanische Kultur, zu sammeln. Clemson ist in jedem Fall eine sehr gute Wahl dafür gewesen.


Inwieweit habt ihr die Zeit in den USA auch zum Reisen in andere Landesteile genutzt?

Daniel: Im Herbst-Semester gibt es neben dem „Fall-Break“ auch an Thanksgiving einige Tage frei, sodass diese Zeit genutzt werden kann, um zu verreisen. Das gestaltet sich in den USA recht einfach, da Inlandsflüge oder auch Mietwagen relativ günstig sind. Ich war zum Beispiel in New York, das nur circa 90 Minuten Flugzeit entfernt ist. In dieser Beziehung gibt es wirklich unzählige Möglichkeiten, etwas zu unternehmen.

Dana: Ich habe die Herbstferien genutzt, um ebenfalls nach New York zu fliegen,  Thanksgiving habe ich bei der Familie meiner Mitbewohnerin in Greenville verbracht. Zusätzlich gilt das Studentenvisum einen Monat über das Ende des Semesters hinaus. Diese Zeit habe ich genutzt, um Miami sowie die Westküste Amerikas zu bereisen. Für die Zeit während des Semesters bieten sich kleinere Trips an die Ostküste nach Charleston oder Atlanta über das Wochenende an.

Tim: Die freie Zeit sollte man definitiv zum Reisen nutzen! Ich war während des Fall-Breaks für ein paar Tage in Vancouver in Kanada, weil sich dort alle damaligen Nordamerika-Stipendiaten meiner Stiftung getroffen haben. Nach dem Semester sind wir noch einen Monat durch die USA gereist. Wir waren zuerst in Miami und auf den Keys und haben dort Jetski-, Segel- und Badetouren gemacht. Vor Silvester sind wir nach Las Vegas geflogen und haben den Grand Canyon besucht. Später waren wir noch in den bekannten Nationalparks und haben die kalifornische Küste von San Francisco über Los Angeles bis nach San Diego erkundet. 


Zum Abschluss noch ein Ratschlag an alle potentiellen EAH-Studenten, die vielleicht nach Clemson wollen…

Daniel: Auch wenn sich der ganze Bewerbungsprozess etwas langwierig gestaltet – bitte bloß nicht davon abschrecken lassen! Es lohnt sich wirklich! Man wird von den Amerikanern sehr gut aufgenommen und wenn es Probleme geben sollte, wird einem garantiert geholfen. In der Beziehung rate ich einfach ganz unbefangen an die Sache ranzugehen und das alles auf sich wirken lassen, denn so hatte ich eines der besten und spannendsten Semester überhaupt.

Dominik: In jedem Fall sollte man im Fall-Semester nach Clemson gehen, da dann die Football-Saison stattfindet, man die Halloween-Parties und diverse andere Parties wie den legendären Fall-Crawl erlebt. Weiterhin würde ich empfehlen, zumindest im Vorhinein keinen Meal-Plan zu bestellen, da das bei Bedarf auch vor Ort geregelt werden kann. Darüber hinaus sollte man sich überlegen, ein Konto in den USA zu eröffnen, auch um den Zahlungsverkehr mit der Uni und den Gebühren beim Geld abheben zu entgehen.

Dana: Ich würde auf jeden Fall empfehlen, nach Clemson zu gehen. Man sammelt sehr viele Erfahrungen und hat eine Menge Spaß. Man lernt sehr viel dazu, besonders außerhalb des eigentlichen Studiums. Versucht so viel wie möglich zu erleben und genießt die Zeit - sie geht viel zu schnell vorbei!

Tim: Da kann ich den anderen nur zustimmen. Ich empfehle euch in jedem Fall, nicht mehr als vier Kurse zu belegen, damit ihr die Zeit dort wirklich genießen könnt. Auf das amerikanische Fast-Food kann man sich auch freuen – es ist wirklich gut. In Clemson Downtown gibt es einen Fast-Food Laden namens Moe’s -  den Homewrecker-Killer-Burrito dort muss man einfach probiert haben.