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Lesung und Podiumsdiskussion

Lesung und Podiumsdiskussion "Mutterschaft und Wissenschaft" 15.06.2022

Am 15.6.2022 hatte die Gleichstellungsbeauftragte der Ernst-Abbe-Hochschule – Gina Comos – gemeinsam mit den Kolleginnen des Professorinnenprogramms III und der Diversitätsbeauftragten der Ernst-Abbe-Hochschule Jena – Prof. Anna Kasten – zur Lesung aus dem Buch „Die (Un-)Vereinbarkeit von Mutterbild und wissenschaftlicher Tätigkeit“ von Sarah Czerny, Dr. Lena Eckert und Silke Martin und anschließender Podiumsdiskussion eingeladen.

Der Einladung waren Wissenschaftlerinnen und Interessierte der EAH Jena und der Friedrich-Schiller-Universität Jena gefolgt, um zu dem gesellschaftlich aktuellen Thema zu diskutieren.

Während der Lesung von Dr. Lena Eckert und Gina Comos wurden nicht nur der Gegensatz zwischen der notwendigen höchsten geistigen Konzentration und den Tätigkeiten mit Haushalt und Kindern angerissen, sondern auch die Spannungen, die sich aus der Autonomie der Wissenschaft und dem Gebundensein an die Kinder und deren Bedürfnisse ergeben, sowie die Erfahrung eines „Davor“ und eines „Danach“ mit Blick auf das Mutterwerden.

Diese Gegensätze gipfeln in der Unmöglichkeit, beide Rollen zu 100% ausfüllen zu können und der Gefahr, in keiner der beiden Welten – der der Wissenschaft und der des Mutterseins – richtig verankert zu sein. Und so konstatiert der Sammelband: „Nicht die Unvereinbarkeiten der Tätigkeiten, sondern die Unvereinbarkeit der zwei sehr unterschiedlichen materiell-diskursiven Choreografien ist es, die die Mutterschaft und Wissenschaft gegeneinander ausspielt“.

Dieser Befund, der durch die Herausforderungen der Corona-Pandemie noch einmal verstärkt wurde, war Gegenstand der anschließenden Podiumsdiskussion.

An der von Gina Comos moderierten Diskussion nahmen neben der Autorin und Mit-Herausgeberin des Buches Dr. Lena Eckert auch Prof. Dr. Anna Kasten (Professorin für Soziale Arbeit mit den Schwerpunkten Gender und Diversity und Diversitybeauftragte der EAH Jena und Mutter zweier Kinder) sowie Susanne Rönnecke (wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena und zweifache Mutter) teil, um die Unvereinbarkeit der beiden mystifizierten Rollenbilder Wissenschaftlerin und Mutter auszuloten und gemeinsam Lösungen zu diskutieren.

In der Diskussion ging es vor allem um die Erfahrungen der Pandemiesituation mit Home Office, Home Schooling und den daraus resultierenden Herausforderungen der eigenen wissenschaftlichen Arbeit. Auch die fehlende Sichtbarkeit der Care Arbeit, die zumeist auf Eltern und primär Frauen abgeschoben wurde, wurde thematisiert. Der Aufbau und die Pflege von Netzwerken und das Erfüllen wissenschaftlicher Erwartungen waren dadurch noch schwieriger geworden.

In der Situation der Pandemie trafen das vermeintliche Ideal der komplett für ihre Kinder und den Haushalt verfügbaren Mutter mit dem männlich konnotierten Bild des nur der Wissenschaft verschriebenen Wissenschaftlers noch unmittelbarer als sonst aufeinander. Dies führte zu Spannungen und Ambivalenzen und der erneuten Erkenntnis: „Von Geschlechtergerechtigkeit sind wir im Wissenschaftsbetrieb und der politischen und gesellschaftlichen Wirklichkeit noch immer weit entfernt“. 

Angesichts der Tatsache, dass Publikationen, Vorträge und Drittmitteleinwerbung von Müttern in der Wissenschaft, im Gegensatz zu Vätern, während der Pandemie deutlich zurückgegangen sind, stellte Lena Eckert Forderungen vor, die nicht weniger als eine strukturelle Veränderung des Wissenschaftsbetriebes als notwendig erachten.

Die Lesung und Podiumsdiskussion sowie der daran anschließende Austausch der Teilnehmenden machten deutlich, dass das Thema und dessen Sichtbarmachung in der Gesellschaft von größter Dringlichkeit sind. Deshalb wird das Thema durch die Gleichstellungsbeauftragte und die Diversitätsbeauftragte der EAH sowie das Professorinnenprogramm III auch künftig weiterverfolgt werden.

Mütter*_Wissenschaftlerinnen sind herzlich eingeladen, sich in das von den Herausgeberinnen gegründete Netzwerk, das Mütter und Verbündete in der Wissenschaft zusammenbringt, einzubringen. Nähere Informationen dazu, wie auch zum Folgewerk „Mutterschaft und Wissenschaft in der Pandemie. „(Un-)Vereinbarkeit zwischen Kindern, Care und Krise“ (Erscheinungsdatum: 11.07.2022) sind unter www.mutterschaft-wissenschaft.de zu finden.