Studieren mit gesundheitlicher Beeinträchtigung
Über 90% der Behinderungen und chronischen Erkrankungen sind nicht sichtbar. Chronische und psychische Krankheiten sowie Teilleistungsstörungen wie Lese-Rechtschreibstörung (Legasthenie) wirken sich jedoch nicht weniger stark im Studium aus als Körper- und Sinnesbeeinträchtigungen. Aber eben anders. Das zu erkennen und in den Konsequenzen anzuerkennen ist für Lehrende, Beratende sowie für Mitstudierende oft nicht einfach. Für die Betroffenen übrigens ebenfalls nicht, wie die Ergebnisse der Studie „beeinträchtigt studieren“ zeigen.
Studierende verzichten auf Beratung und Rechte
Die meisten der Studierenden mit einer nicht-sichtbaren Beeinträchtigung empfinden sich nicht als „behindert“, obwohl sie es gemäß der gesetzlichen Definition sind. Das hat Folgen: Viele wissen nicht, dass sie einen Anspruch auf Nachteilsausgleich haben und fühlen sich durch die bestehenden Beratungsangebote nicht angesprochen. Andere wollen sich gerade in einer Umgebung, in der Leistungsfähigkeit und Elitegedanken eine besondere Rolle spielen, nicht gern als beeinträchtigt, als Mensch mit besonderen Belangen, als „behindert“ outen. Sie verzichten lieber auf ihre Rechte – oft zum eigenen Nachteil. Um die Chancengleichheit zu wahren und den Studienerfolg zu erhöhen, verpflichten sich Hochschulen zu Maßnahmen des Nachteilsausgleichs und der Barrierefreiheit.
Beauftragter für Studierende mit Behinderung
Die Aufgaben der Beauftragten für Studierende mit Behinderungen finden ihre rechtliche Grundlage im Hochschulrahmengesetz (§ 2 Abs. 4), des Thüringer Hochschulgesetzes (§ 5 Abs. 5) und in der Grundordnung der EAH Jena (§ 3 Abs. 7 und § 24). Zu den Aufgaben der Beauftragten für Studierende mit Behinderungen gehören im Wesentlichen, die verschiedenen Angebote für behinderte und chronisch kranke Studenten zu koordinieren, die Interessen der Betroffenen innerhalb der Hochschule zu vertreten und ihnen in einzelnen Konfliktfällen beratend zur Seite zu stehen. Studienbewerber und Studierende mit Behinderungen sollten sich auf jeden Fall möglichst frühzeitig an den Beauftragten für Studierende mit Behinderungen wenden, um über die Notwendigkeit, die Art und den Umfang eines Nachteilsausgleiches zu beraten und die Ansprüche durchzusetzen. Die Ausgestaltung der Ausgleichsmaßnahmen ist immer individuell zu regeln.
Entstehen durch eine chronische Erkrankung, Behinderung oder Teilleistungsstörung organisatorische, zeitliche oder sonstige Probleme mit den Anforderungen von Studien- oder Prüfungssituationen, kann durch:
- formlosen Antrag und
- Vorlage eines ärztlichen oder gleichwertigen Attests, das die Auswirkungen der Behinderung auf das Studium und mögliche Modifikationen darlegen,
ein Nachteilsausgleich beantragt werden. Das Attest kann von Therapeuten, Fach- oder Hausärzten stammen. In manchen Fällen ist ein Betriebsärztliches Attest notwendig. Diagnostische Tests (z. B. bei Lese- und Rechtschreibschwäche) sollten nicht älter als 5 Jahre sein. Eine Diagnose muss in beiden Schreiben nicht genannt werden. Wichtig ist, dass der Nachteilsausgleich vor einer Prüfung beantragt und vom zuständigen Prüfungsamt bewilligt wird. Nachteilsausgleichende Maßnahmen dürfen sich nicht auf die Bewertung von Studien- und Prüfungsleistungen auswirken und nicht in Leistungsnachweisen oder Zeugnissen dokumentiert werden.
Antragsverfahren und Nachweise
- Beratung: Beauftragte für Studierende mit Behinderung und chronische Krankheiten
- Antrag auf Nachteilsausgleich rechtzeitig und schriftlich stellen beim Prüfungsausschuss oder beim Prüfungsamt
Was können Nachteilsausgleiche sein?
Nachteilsausgleiche können beim Studienzugang, während des Studiums und bei Prüfungsleistungen Erschwernisse abbauen. Sie können dauerhaft oder einmalig gewährt werden. Sie sollten immer im Einzelfall geprüft und mit dem individuellen Bedarf der bzw. des Studierenden abgesprochen werden.
Beispiele für Nachteilsausgleiche bei Prüfungsleistungen:
- Verlängerung der Bearbeitungszeit bei Prüfungen, Hausarbeiten oder Abschlussarbeiten (z.B. bei Legasthenie, motorischen Einschränkungen, krankheitsbedingten Konzentrationsverlusten, ADS, Asperger Syndrom)
- Erholungspausen bei Prüfungen (z. B. bei Sehbeeinträchtigungen, Einnahme von konzentrationsbeeinträchtigenden Medikamenten)
- eigener Bearbeitungsraum bei Prüfungen (z. B. bei krankheitsbedingten Konzentrationsstörungen, Asperger Syndrom)
- Aufteilung von Prüfungsleistungen in Teilleistungen
- Personelle oder technische Unterstützung bei Prüfungen (z. B. GebärdensprachendolmetscherInnen)
- Ersatz einer Prüfungsform durch eine andere (z. B. mündlich statt schriftlich, Einzel- statt Gruppenprüfung, Hausarbeiten,..)
Beispiele für Nachteilsausgleiche im Studienverlauf:
- Ton- und Videomitschnitte der Lehrveranstaltung
- Ersatz obligatorischer Präsenzzeiten (z. B. bei chronischen Erkrankungen)
- Vorlesungsskripte und Handouts zur Vor- und Nachbereitung
- Modifikation von Praktika
- schriftliche Ergänzungen mündlicher Prüfungen für hörbehinderte Studierende oder Studierende mit Sprachbehinderungen
- Zeitverlängerung für Hausarbeiten, Klausuren usw.
- Verlängerung der Prüfungszeit, wenn Unterbrechungen der Prüfungsvorbereitungen wegen schlechten Gesundheitszustandes notwendig waren
- besondere finanzielle Regelungen für Studierende mit Behinderung u./o. chronischer Krankheit
Weitere Informationen und Beratungsstellen
Deutsches Studentenwerk
Studierendenwerk Thüringen
Land Thüringen